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Missbrauch


Die Odenwaldschule bot durch ihre besondere Struktur und ihre abgeschiedene Lage sowohl Chancen als auch Risiken. Die Schule schuf für viele Kinder und Jugendliche einen Raum zur persönlichen Entfaltung. Gleichzeitig erwies sich dieses System jedoch als anfällig für sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Diese in sich geschlossene Welt, mit ihren eigenen Regeln und Hierarchien, ermöglichte es bestimmten Personen, sich Einfluss zu sichern und die Schule zu ihren Zwecken zu missbrauchen. Durch ihre dominierenden Rollen nutzten sie das ihnen entgegengebrachte Vertrauen aus, und so entstand eine Kultur des Wegsehens und Schweigens.


Die engen Wohn- und Lebensgemeinschaften, in denen man Tür-an-Tür mit den Lehrpersonen in sogenannten «Familien» lebte, führte häufig zu engen Vertrauensverhältnissen zwischen Lehrkräften und Schülern. Während dies für viele junge Menschen eine gute und bereichernde Erfahrung war, erfuhren nicht wenige, Situationen, in denen sie schutzlos ausgeliefert waren. Fehlendes Bewusstsein für die Gefahren sexualisierter Gewalt, sowie die gesellschaftliche Vorstellung, dass an einer derart angesehenen Schule solche Vergehen nicht möglich seien, trugen dazu bei, dass Missbrauch lange nicht erkannt oder ernstgenommen wurde. Häufig kamen die Kinder und Jugendlichen aus schwierigen familiären Verhältnissen und wurden entweder von dort oder den zuständigen Behörden an die Schule vermittelt. Berichte von Betroffenen fanden kein Gehör, auch weil es an einer Sensibilisierung und einem funktionierenden Schutzkonzept fehlte. Diese Faktoren trugen dazu bei, dass über Jahrzehnte an der Odenwaldschule schweres Unrecht geschehen konnte.

An dieser Stelle seien folgende Bücher zum Weiterlesen empfohlen:

  • Andreas Huckele, Wie laut soll ich denn noch schreien? (E-Book / antiquarisch)
  • Andreas Huckele, Macht, Sexualität, Gewalt (vergriffen)
  • Max Mehrick, Der lange Weg zurück: Das verlorene Leben (Asanger Verlag)
  • Max Mehrick, Das Fenster zur Einsamkeit: Verborgenes Leben (Asanger Verlag)
  • Max Mehrick, Zerplatzte Sprechblasen: 10 Jahre Aufarbeitung (BoD)
  • Tilman Jens, Freiwild: Die Odenwaldschule - Ein Lehrstück von Opfern und Täter (E-Book)

Zum Thema Aufarbeitung:

  • Jens Brachmann, Tatort Odenwaldschule (Verlag Kinkhardt)
  • IPP, Die Odenwaldschule als Leuchtturm der Reformpädagogik und als Ort sexualisierter Gewalt (Springer)
  • Christian Füller, Sündenfall: Wie die Reformschule ihre Ideale missbrauchte (antiquarisch)
  • Jürgen Oelkers, Eros und Herrschaft (Beltz)
  • Jürgen Oelkers / Damian Miller, Reformpädagogik nach der Odenwaldschule - Wie weiter? (Beltz)
  • Bernhard Pörksen, Zuhören (Hanser)

(unter Umständen ändert sich die Lieferbarkeit der angegebenen Bücher - dafür übernehmen wir keine Garantie)